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Vergabekompetenzcenter

Wir informieren Sie über das Vergaberecht.

Das Vergabekompetenzcenter (VKC) wurde im Rechtsbereich der Bundesbeschaffung als niederschwellige Anlaufstelle für allgemeine Fragen zum Vergaberecht eingerichtet.

Die Juristen der BBG geben öffentlichen Auftraggebern kostenlos Erstauskünfte zur Rechtslage in Österreich und erklären die oft komplexen Vorgaben des Vergaberechts.

Ein Anruf oder ein E-Mail an das VKC der BBG ist daher oft der einfachste erste Schritt bei der Klärung von Rechtsfragen, egal ob Sie als Neuling erstmals mit dem Vergaberecht konfrontiert sind, oder als langjähriger Experte einen fachlichen Austausch zu einer besonders komplexen Angelegenheit brauchen.

Sofern Sie über den Rahmen der Erstauskünfte hinaus Leistungen benötigen – etwa die Betreuung konkreter Vergabeverfahren oder Schulungsmaßnahmen – steht Ihnen die BBG natürlich auch zur Verfügung und kann auf den Austausch im Rahmen des VKC aufgebaut werden. Die Services des VKC stehen Ihnen aber unabhängig davon jedenfalls neutral und kostenlos zur Verfügung.

 

RECHT Neues … von den Verwaltungsgerichten

Verwaltungsgericht Wien, VGW 123/077/9124/2023, 16.10.2023

Sachverhalt

Ein öffentlicher Auftraggeber („AG“) schrieb die Errichtung und den nachfolgenden Betrieb einer Multifunktionshalle im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung aus. Der Antragsteller („ASt“) begehrte die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und begründete seinen Nachprüfungsantrag im Wesentlichen damit, dass der präsumtive Zuschlagsempfänger kein rechtmäßiger Teilnehmer des Vergabeverfahrens gewesen sei. Mitbewerber des ASt sei vielmehr eine Bietergemeinschaft gewesen, aus der der präsumtive Zuschlagsempfänger als Einzelunternehmer hervorgegangen sei. Dem Nachprüfungsantrag wurde stattgegeben und die relevierte Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt.

Erwägungen

In der Teilnahmephase war der präsumtive Zuschlagsempfänger einer von insgesamt drei Mitgliedern einer Bietergemeinschaft. Diese Bietergemeinschaft hat einen Teilnahmeantrag gelegt. Die Bietergemeinschaft wurde zur anschließenden Verhandlungsphase zugelassen und hat jeweils ein erfolgreiches Erstangebot und Zwischenangebot abgegeben. Während die Bietergemeinschaft kein Letztangebot legte, legte der präsumtive Zuschlagsempfänger als Einzelunternehmer hingegen ein Letztangebot und wurde nach Prüfung vom AG als präsumtiver Zuschlagsempfänger ermittelt.

Erkenntnis

Der präsumtive Zuschlagsempfänger tritt erstmals in der Letztangebotsphase als – zusätzlicher – Teilnehmer neben der Bietergemeinschaft im Verhandlungsverfahren auf. Dem ASt ist hierbei Recht zu geben, dass in unzulässiger Weise ein für das Vergabeverfahren nicht zugelassener Bieter ein Letztangebot abgegeben hat. Etwaige bestandsfeste Festlegungen, die es allenfalls ermöglicht hätten, dass neben den für die Abgabe der Letztangebote zugelassenen Bietergemeinschaften auch an diesen Bietergemeinschaften beteiligte Einzelunternehmer als solche Letztangebote abgeben dürften, bestanden nicht. Die Zuschlagsentscheidung war daher für nichtig zu erklären.

Bundesverwaltungsgericht, W187 2278338-2, 03.11.2023

Sachverhalt

Ein öffentlicher Auftraggeber („AG“) schrieb Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die MedUni aus und wählte einen präsumtiven Bestbieter aus. Dagegen wehrte sich ein Antragsteller („ASt“) vor dem Bundesverwaltungsgericht („BVwG“) insbesondere mit dem Argument, dass zu einem derart niedrigen Preis die Leistung in der vorgeschriebenen Quantität und Qualität nicht möglich sein könne und der AG dies daher offenkundig nicht korrekt geprüft habe. Da dem ASt die Kalkulation des Bestbieters nicht bekannt war, stützte er sich auf fiktive „Mindestkalkulationen“. Dem entgegnete der AG, dass eine vertiefte Prüfung durchgeführt und die Preise plausibel aufgeklärt worden seien.

Erwägungen

Trotz Diskussionen über den Umfang der Akteneinsicht in zumindest Teile der Preisprüfung, konnte der ASt bis zuletzt großteils nur von Spekulationen ausgehen, worin konkret die Preise des Bestbieters nicht plausibel sein sollten. Dabei hat er sich auch auf Angaben aus der Zuschlagsentscheidung zum Konzept des Bestbieters gestützt und damit verbundene Kosten abgeschätzt. Auffällig war etwa, dass im Konzept ein „etabliertes Netzwerk“ an Partnerunternehmen angeführt wurde, aber der Bieter keine Subunternehmer genannt hatte und in der Verhandlung erklärte, die Leistung alleine erbringen zu wollen.

Erkenntnis

Aus Sicht des BVwG hätten sich aus dem Konzept klare Anhaltspunkte für den Einsatz von (allenfalls sogar notwendigen) Subunternehmern ergeben und hätte der AG daher die Angaben des Bieters im Rahmen der Prüfung hinterfragen und allenfalls wegen unterlassener Nennung der Subunternehmer ausscheiden müssen. Da dies nicht erfolgt ist, wurde die Prüfung nicht korrekt abgeschlossen und war die Zuschlagsentscheidung daher aufzuheben.

RECHT Neues … von den Höchstgerichten

Verwaltungsgerichtshof, Ro 2020/04/0019, 14.11.2023 

Sachverhalt

In einem Vergabeverfahren schied ein Auftraggeber („AG“) einen Bieter („Revisionswerber“) mit der Begründung aus, dass dieser schwere berufliche Verfehlungen begangen habe: Dies insbesondere durch den systematischen Einsatz anderer Unternehmen zur Legung von abgesprochenen und vom Geschäftsführer des Revisionswerbers und dessen Vater kalkulierten Scheinangeboten und -rechnungen zu Lasten des AG. Das Verwaltungsgericht Wien wies den Nachprüfungsantrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung ab. Dagegen richtete sich die Revision an den VwGH.

Erwägungen

In Umsetzung der Vergaberichtlinie setzt das BVergG 2018 die Höchstdauer für den Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren wegen eines Ausschlussgrundes und mangels Nachweises der Zuverlässigkeit (wenn die Selbstreinigung misslingt) mit drei Jahren „ab dem betreffenden Ereignis“ fest. Das „betreffende Ereignis“ und somit der Beginn des Ausschlusszeitraums kann erst mit dem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem der AG den jeweils in Betracht kommenden Ausschlussgrund geltend machen kann. Der hier maßgebliche Ausschlussgrund setzt nicht nur das – objektivierbare - Vorliegen einer „schweren Verfehlung“ voraus, sondern auch den Nachweis deren Begehung auf geeignete Weise durch den AG. Dementsprechend ist das Vorliegen des „betreffenden Ereignisses“ und somit der Beginn des dreijährigen Ausschlusszeitraums erst mit diesem geeigneten Nachweis anzunehmen. 

Erkenntnis

Ein kriminalpolizeilicher Abschlussbericht, in dem Sachverhalt und Tatverdacht für eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über eine Anklage geklärt scheinen, stellt einen geeigneten Nachweis einer schweren Verfehlung dar und fing der dreijährige Ausschlusszeitraum mit dessen Erstellung als „betreffendem Ereignis“ zu laufen an. Die Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit trotz Vorliegens eines Ausschlussgrundes (Selbstreinigung) ist dem Revisionswerber nicht gelungen: Im Sinne des Vergaberechts hat der Unternehmer unter anderem diesbezüglich nachzuweisen, dass er umfassend durch eine effektive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden an der Klärung aller Tatsachen und Umstände betreffend die Straftat oder Verfehlung mitgewirkt hat. Im vorliegenden Fall entschlug sich der Geschäftsführer des Revisionswerbers im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Aussage. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht diese Vorgehensweise als keine effektive Beteiligung an der Klärung aller Tatsachen und Umstände gewertet. 

Rechtliche Grundlage des Vergabekompetenzcenters

Das Vergabekompetenzcenter wurde aufgrund des Ministerratsbeschlusses vom 9. März 2005 (MRV 85/15) eingerichtet. Seitdem soll vorhandenes Fachpersonal der BBG in Anspruch genommen werden, wenn dies wirtschaftlicher ist als Spezialisten in einzelnen Ressorts zu beschäftigen oder private Sachverständige heranzuziehen.

Nutzungsberechtigt sind in erster Linie Bundesdienststellen, ausgegliederte Einrichtungen des Bundes sowie sonstige öffentliche (Sektoren-)Auftraggeber entsprechend § 3 Abs. 3 BBG-Gesetz (Länder, Gemeinden, ausgegliederte Einrichtungen derselben).

 

Vergabekompetenzcenter

Mo. – Do.: 9:00 – 15:30 Uhr
Fr.:            9:00 – 13:30 Uhr

Hotline: +43 1 245 70-440
E-Mail: vergabekompetenzcenter(at)bbg.gv.at

 

 

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